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Rechtsprechung der Apostolischen Signatur über Verwaltungsstreitigkeiten
 
 

Oberster Gerichtshof der Apostolischen Signatur
Sententia definitiva vom 20.06.2013, Prot. N. 45485/11 CA


Kläger Rev.dus X
Belangte Partei Congregatio pro Clericis
Gegenstand Praecepti
coram Stankiewicz
Fundstelle ME 132 (2017) 385-402; W.L. Daniel, Ministerium Iustitiae II, 144-178
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Übersetzungen angl.: W.L. Daniel, Ministerium Iustitiae II, 144-178; ME 132 (2017) 403-421
Inhalt Constare de violatione legis in procedendo et in decernendo.
Rechtsquellen 
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Legenda
 
Canones des CIC1983
Alle in den Entscheidungen (sowohl im Teil in iure als auch im Teil in facto) erwähnten Canones sind als Quellen angegeben.
In Fettschrift werden diejenigen Canones angezeigt, die den Hauptgegenstand der Entscheidung bilden oder zu denen die Entscheidung ein Auslegungsprinzip formuliert.
In Kursivschrift werden diejenigen Canones des CIC von 1983 angezeigt,
- die nicht im Text der Entscheidung genannt sind, mit denen sich die Entscheidung aber befasst;
- die denjeingen Canones des CIC1917 entsprechen, von denen die - vor 1983 gefällte - Entscheidung handelt.

Andere Quellen
Es werden alle Quellen angegeben, die im Text Entscheidung (in iure oder in facto) erwähnt sind.
CIC cann. 49; 51; 281 § 1; 281 § 2; 384; 900 § 2; 1319; 1322; 1323; 1339; 1348; 1350 § 1; 1387; 1395 § 2; 1608 §§ 1. 4; 1629; 1641, n. 4; 1642, nn. 1-2; 1722; 1728 § 1; 1733
Normae de gravioribus delictis (2001) art. 3, n. 2; art. 4 § 1;  
Normae de gravioribus delictis (2010) art. 4 § 1, n. 4; art. 6 § 1, n. 1;  
DC art. 247 § 2;  
LP art. 90
Leitsätze
1. Lex de vi rei iudicatae non contradicit praescriptum can. 1348, quod sinit Ordinario opportunas ferre provisiones, haud exclusis remediis poenalibus, post sententiam absolutoriam, etiamsi haec in rem iudicatam transierit, nempe ad consulendum utilitati ipsius accusati (absoluti) ac potissimum publico bono. Idque legitime sustineri potest, quia «ubi lex non distinguit nec nos distinguere debemus», atque «ubi lex voluit dixit, ubi noluit, tacuit».
1. Das Gesetz über die Bedeutung einer rechtskräftigen Entscheidung widerspricht nicht der Vorschrift des can. 1348, die es dem Ordinarius gestattet, nach einem Freispruch, auch wenn dieser rechtskräftig geworden ist, angemessene Vorkehrungen, Strafsicherungsmittel nicht ausgeschlossen, zu treffen, und zwar zum Nutzen des (freigesprochenen) Beschuldigten und vor allem des öffentlichen Wohles. Diese Auffassung kann rechtmäßig vertreten werden, denn "wo das Gesetz nicht unterscheidet, müssen auch wir nicht unterscheiden", und "was das Gesetz wollte, hat es gesagt, was es nicht wollte, dazu hat es geschwiegen."
2. Eodem modo nulla contradictio habetur inter praescriptum can. 1348 et rem iudicatam quia tantum in sententia condemnatoria quodlibet prudens dubium positivum errandi, in iure et in facto, excluditur, dum quoties iudex ex actis et probatis certitudinem moralem adipisci non valeat de delicto patrato, accusatum absolutum dimittere tenetur (cf. cann. 1608, § 4; 1728), quia «in dubio pro reo iudicandum est». Quod quidem dubium (vel quae dubia) ansam praebere potest provisionibus ab Ordinario sumendis in accusatum ab accusatione absolutum, de quibus can. 1348 expresse cavet.
2. Ebenso besteht kein Widerspruch zwischen der Vorschrift des can. 1348 und der rechtskräftigen Entscheidung, weil nur im Fall einer Verurteilung jeglicher vernünftige positive Zweifel über Irrtümer, rechtlicher und tatsächlicher Art, ausgeschlossen ist, während der Richter, sooft er aufgrund der Akten und Beweise keine moralische Gewissheit über die Begehung einer Straftat erlangen kann, den Angeklagten als freigesprochen entlassen muss (vgl. cann. 1608 § 4; 1728), weil "im Zweifel für den Angeklagten zu entscheiden ist". Ein solcher Zweifel wiederum (oder solche Zweifel) kann Anlass bieten für Vorkehrungen, die vom Ordinarius in Bezug auf den von den Vorwürfen freigesprochenen Angeklagten zu treffen sind und über die can. 1348 ausdrücklich spricht.
3. In applicatione can. 1348 motiva in decreto exprimenda indigitare debent saltem summarie quo vel quibus elementis sententiae vel saltem processus eadem decisio nitatur (in casu motivum insufficens habita est epistula quaedam Congregationis pro Doctrina Fidei, facultatem provisiones ab Ordinario edendi in memoriam tantum revocans).
3. Bei der Anwendung von can. 1348 müssen die im Dekret anzugebenden Gründe wenigstens summarisch anzeigen, worauf bzw. auf welche Elemente des Urteils oder wenigstens des Prozesses sich diese Entscheidung stützt. (Als unzureichender Grund hatte im vorliegenden Fall ein diesbezügliches Schreiben der Kongregation für die Glaubenslehre gegolten, das die Befugnis, seitens des Ordinarius Verfügungen zu erlassen, bloß in Erinnerung gerufen hatte.)
4. Violatio legis in procedendo habetur si rationes quarumdam dispositionum internarum in textu decreti haud expressae, quia eaedem defectum motivorum impugnati actus supplere non valent.
4. Eine Gesetzesverletzung in procedendo liegt vor, wenn die Gründe gewisser interner Verfügungen im Text eines Dekrets nicht zum Ausdruck kommen; diese können nämlich das Fehlen von Gründen im angefochtenen Akt nicht ersetzen.
5. Decretum, quod nullam parem ac legitimam rationem adducat ad grave praeceptum imponendum, violat legem in decernendo (in casu prohibitio omnis ministerii et impositio consiliarii nititur motivis falsis aut insufficientibus).
5. Ein Dekret, das keinen angemessenen und rechtmäßigen Grund für die Auferlegung eines schweren Gebotes anführt, verletzt das Gesetz in decernendo. (Im vorliegenden Fall stützen sich das Verbot jeglichen Dienstes und die Zuweisung eines Beraters auf falsche bzw. unzureichende Gründe.)
6. Decretum quo Ordinarius comminationem privationis assistentiae, de qua in cann. 281, § 2 et 384, vel sustentationis, de qua in can. 1350, § 1, statuat, legem in decernendo violat. Nam prior competit nedum clericis qui infirmitate, invaliditate et senectute laborant, sed etiam iuxta iurisprudentiam qui ob rationes psychicas haud idonei ad officium seu munus ecclesiasticum habentur; altera autem clericis omnibus competit et obnoxia non est privationibus, ne quidem poenalibus, excepto casu dimissionis e statu clericali. Quae sustentatio patitur necessitatem computationis omnium proventuum clerico aliunde obvenientium.
6. Ein Dekret, mit dem der Ordinarius den Entzug der Hilfe gemäß cann. 281 § 2 und 384 bzw. des Unterhalts nach can. 1350 § 1 androht, verletzt das Gesetz in decernendo. Denn erstere steht nicht nur den Klerikern zu, die an Krankheit, Arbeitsunfähigkeit oder Alter leiden, sondern nach der herrschenden Rechtsauffassung auch denen, die aus psychischen Gründen für ein kichliches Amt oder eine Aufgabe für ungeeignet gehalten werden; zweiterer dagegen steht allen Klerikern zu und unterliegt keinem Entzug, nicht einmal strafweise, außer im Fall der Entlassung aus dem Klerikerstand. Dieser Unterhalt unterliegt allerdings der Notwendigkeit der Anrechnung aller Erträgnisse, die dem Kleriker von anderswo zukommen.
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Kommentare C. Begus, «Commento / Note», ME 132 (2017) 423-432; F. Daneels, «Il riferimento al c. 1348 come asserita base legale per la sospensione amministrativa non penale nella giurisprudenza della Segnatura Apostolica», in Kanonist, Ordensmann und Gestalter, Fs. Lederhilger, Berlin 2023, 296-298.

Autor der Leitsätze (auf Latein): © G. Paolo Montini
Deutsche Übersetzung: © Johannes Fürnkranz